Steuerberaterinnen in Führungspositionen: Frauen auf der Karriereleiter

Geschlechtergechtigkeit und Karriere
Erfolgreiche Steuerberaterin in Führungsposition – Karrierechancen und Herausforderungen für Frauen in der Steuerbranche. Gender-Karriere-Gap und Gleichstellung im Beruf.
Frauen in der Steuerberatung

Zahlenmäßig holen die Frauen in der Steuerberatung kontinuierlich auf: So wächst ihr Anteil in der Berufsstatistik, zuletzt waren knapp 40 % der Berufsangehörigen weiblich. Das allein sagt nichts über geschlechtsspezifische Karriere- oder Einkommensunterschiede in der Branche aus, die tatsächlich beträchtlich sind.

Neue Beraterinnen braucht das Land, und tatsächlich durchlaufen immer mehr junge Frauen Studium und Ausbildung, um sich schließlich den Beraterinnensessel zurecht zu rücken. Doch wie attraktiv ist der Beruf für Frauen? Laut der letzten verfügbaren Berufsstatistik aus dem Jahr 2020 waren 37,2 % der Berufsangehörigen weiblich, Tendenz seit Jahren steigend. Dies drückt sich zunächst einmal im Durchschnittsalter aus, das sie durch ihr Nachrücken in die Berateretage senken. Denn männliche Berufsangehörige sind im Schnitt bereits 55,1 Jahre, Frauen dagegen nur 49,7 Jahre alt.

Wenig weibliche Vorstandsmitglieder bei Großkanzleien

Jung und kompetent - diese Kombination ist selten ein Problem für die Frauen selbst, für ihre Karrierechancen allerdings oftmals eher hemmend als förderlich. Auch für die Steuerberatungsbranche lässt sich das zumindest teilweise belegen. Zunächst zeigt ein Blick in die Geschäftsleitungen der Big Four, dass Parität zumindest ganz oben noch kein Thema ist: So besteht das Vorstandsgremium etwa bei KPMG aus acht Personen, darunter eine Frau; für PWC gilt exakt dasselbe. Bei Ernst & Young gehören zumindest drei Frauen zum zwölfköpfigen Geschäftsführungsteam, bei Deloitte ist es wieder nur eine von zehn.

Wer eine Etage weiter unten nachsieht, stellt fest, dass etwa ein dreiköpfiges, rein männliches Vorstandsgremium Ecovis führt, auch der Prokurist ist männlich, der Aufsichtsrat besteht aus sechs Personen, darunter eine Frau. Bei Rödl & Partner besteht das Führungsteam aus acht Personen, darunter zwar zwei Frauen, allerdings sind sie es, die als einzige im Ausland Niederlassungen leiten und einen entsprechen Hintergrund haben, die Geschäftsführenden im Inland sind allesamt Männer. Flick Gocke Schaumburg beschäftigt 81 stimmberechtigte Partner - und vier stimmberechtigte Partnerinnen, das entspricht nicht einmal 5 %.

Damit hinkt die Branche hinter den DAX-Unternehmen her, die mittlerweile einen Frauenanteil von 20 % in den Top-Etagen aufweisen. Hintergrund für eine stärkere Beteiligung von Frauen hier in der jüngsten Vergangenheit ist das Zweite Führungspositionengesetz (FüPoG II), wonach börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Firmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten und mehr als drei Vorstandsmitgliedern bei Neubesetzungen im Vorstandsgremium darauf zu achten haben, mindestens eine Frau an Bord zu haben.

Auch bei Honoraren große Unterschiede - besonders im Westen

Dass Steuerberatende nicht unbedingt in der Musterbranche der Gleichstellung arbeiten, zeigt auch der Blick auf die Honorare: Laut einer Bachelorarbeit aus dem Jahr 2018 verdienten Steuerberaterinnen im Jahr 2014 deutschlandweit im Durchschnitt 30 % weniger als ihre männlichen Kollegen.

Noch drastischer trete dieser Unterschied bei einer Unterteilung Deutschlands in West und Ost hervor, so die Arbeit: Während Steuerberaterinnen im Osten im Schnitt um 15 % niedrigere Honorare erhalten hätten, waren die Honorare der Steuerberaterinnen im Westen im Durchschnitt sogar 38 % niedriger als die ihrer männlichen Kollegen. Damit sei der Gender Pay Gap unter den Steuerberatenden exorbitant und überschreite den deutschlandweiten Gender Pay Gap von 22 % deutlich.

Es bleibe festzuhalten, heißt es weiter, dass der auf den ersten Blick positiv erscheinende Frauenanteil von 66 % in der Branche der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Buchhaltung keinesfalls auf Führungspositionen im Steuerberaterberuf übertragen werden könne. Insbesondere in den Topjobs seien Steuerbera- terinnen deutlich in der Unterzahl.

Oder ist es doch ganz anders?

Doch es gibt dazu auch eine weitere Perspektive mit anderen Befunden, die sich explizit auf die sogenannten bereinigten Daten bezieht. »Bereinigt» bedeutet in diesem Zusammenhang, den Vergleich im selbem Beruf, bei gleicher Position sowie gleicher Arbeit und identischer Berufserfahrung und Ausbildung durchzuführen.

Diesen Ansatz verfolgt nach eigener Aussage eine Umfrage von »Gehalt.de» und »Finanzheldinnen» aus dem Jahr 2021, die der Branche einen der niedrigsten Gender-Pay-Gaps überhaupt bescheinigt. Danach kommen Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung auf bereinigte Durchschnittsgehälter von 36.055 Euro (Frauen) beziehungsweise 39.727 Euro (Männer) und damit auf eine absolute Lohnlücke von 3.673 Euro, was 1,75 % entspricht. Im Durchschnitt aller Branchen ergebe sich eine Differenz von rund fünf %.

40 % Gehaltsunterschied laut Einkommensteuerstatistik

Ein Blick in die amtliche Einkommensteuerstatistik offenbart noch mal ganz andere Zahlen: Demnach verdienten Steuerberatende im Jahr 2017 im Durchschnitt 85.761 Euro (»Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit») . So lagen die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit laut Statistischem Bundesamt bei männlichen Berufsangehörigen im Jahr 2017 durchschnittlich bei 99.200 Euro, bei weiblichen lediglich bei 59.386 Euro. Geschlechterübergreifend lag der Durchschnittswert bei 85.761 Euro. Die Abweichung zwischen Frauen und Männern im Beruf beträgt danach 40.000 Euro, oder in % ausgedrückt, 40 %.

In diese Daten flossen freilich Aspekte von Arbeitszeit oder Qualifikation nicht ein, aber generell lässt sich die Frage nach den Unterschieden ohnehin nur teilweise beantworten. Ein Befund, den eine ältere, detaillierte Auswertung der STAX-Umfrage der Bundessteuerberaterkammer aus dem Jahr 2015 zulässt, ist eine Differenz im Fortbildungsaufwand zwischen den Geschlechtern - zumindest nach eigenen Angaben. So sagten Steuerberaterinnen, dass sie im Schnitt 3,5 Stunden pro Woche für Fort- und Weiterbildung aufwendeten, bei ihren männlichen Kollegen waren dies nach eigenen Angaben aber 4,2 Stunden.

Erfolgreicher dank mehr Einsatz?

Einschränkend muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass der Anteil des »Selbststudiums» an dieser Fortbildungszeit bei den Männern signifikant höher ist als bei den Frauen, die dafür mehr Präsenzveran- staltungen aufsuchten. Warum dies nun wiederum so ist, bleibt spekulativ. Auffällig ist am selben Parameter, dass sich generell höchst signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern ergeben. So wandten Steuerberatende in Ostdeutschland eine deutlich höhere Anzahl an Stunden pro Woche für Fort- und Weiterbildung auf als ihre Kollegen in Westdeutschland.

Ein interessanter Aspekt aus derselben Umfrage bezieht sich nicht auf die Fortbildung, sondern auf das Marketing, und zwar auf die Frage, wie mit gestiegener Konkurrenz auf dem Steuerberatungsmarkt umge- gangen wird. Hier gibt der überwiegende Teil aller Befragten beiderlei Geschlechts an, mit Qualitätssicherung und -steigerung zu reagieren, die Frauen jedoch zusätzlich mit verstärkter Kundenbindung (24,6 % der Beraterinnen versus 20,2 der Berater), während die Männer etwas stärker auf Spezialisierung setzten.

Männer sind zufriedener

Auch im Hinblick auf die Zufriedenheit mit dem Beruf ergaben sich in der Befragung signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern: So waren 72,8 % der männlichen Berater völlig im Reinen mit ihrem Tun, während das nur 66,2 % der Frauen angaben. Dementsprechend würden zwar 82 % der angestellten Steuerberater wieder denselben Beruf ergreifen, aber nur 76,2 % der Frauen. Nach deutlicher fällt der Unterschied bei den Selbstständigen aus: Hier stehen 85,6 % (Männer) 76,3 % (Frauen) gegenüber. Keine Unterschiede lassen sich interessanterweise im Hinblick auf die Zufriedenheit Angestellter und Selbstständiger ausmachen.

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