Weiterbildung zum Fachberater: "Nah am Beratungsalltag"

Im Interview mit Christian Michel (Rechtsanwalt, Dipl.-Verw. (FH) und Refereratsleiter Recht und Berufsrecht beim Deutschen Steuerberaterverband e.V. Berlin)
Porträtbild von Christian Michel (Referatsleiter des Deutschen Steuerberaterverbands Berlin

Sowohl der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) als auch die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) bieten Steuerberatern eine ganze Reihe von fachlichen Spezialisierungen an, die von Fachberatertiteln begleitet werden. Insgesamt wurden über die beiden Organisationen bereits über 4.700 Fachberatertitel vergeben.

Am stärksten nachgefragt sind dabei auf der Verbandsseite die Unternehmensnachfolge und auf der Kammerseite das internationales Steuerrecht. Was motiviert Berater, eine Weiterbildung zum Fachberater (DStV e.V.) zu machen? Wie laufen die dortigen Programme ab? Und wo liegt der größte Nutzen? Christian Michel, Rechtsanwalt, Dipl.-Verw. (FH) und Referatsleiter Recht und Berufsrecht beim Deutschen Steuerberaterverband e.V. in Berlin hat einige Antworten.

Herr Michel, über 2.900 Berufsangehörige führen mittlerweile einen Fachberatertitel des DStV, seit die Möglichkeit dazu vor knapp 20 Jahren geschaffen wurde. Welche Fachrichtung ist die beliebteste?

RA Christian Michel: Zunächst einmal muss man unterscheiden zwischen den Fachberaterqualifizierungen, die wir als Verband anbieten, und denjenigen der Steuerberaterkammer. Wir konzentrieren uns als DStV auf alles, was mit vereinbaren Tätigkeiten nach § 57 Abs. 3 Steuerberatungsgesetz (StBerG) zu tun hat, die Kammer dagegen auf die Vorbehaltsaufgaben nach § 33 StBerG. Das bedeutet, dass letztere derzeit zwei Titel anbietet, im internationalen Steuerrecht und zu Zöllen und Verbrauchssteuern, während der DStV eine Reihe verschiedener weiterer Fachgebiete im Angebot hat.

Diesen gemeinsam ist der klare betriebswirtschaftliche Fokus außerhalb der klassischen Deklarationsberatung. Schaut man nun auf die über 2.900 Fachberaterinnen und Fachberater (DStV e.V.), die von uns ausgezeichnet wurden, dann hat sich über die Hälfte für die Weiterbildung in der Unternehmensnachfolge entschieden. Ebenfalls weit vorne und gerade im Trend ist das Thema Restrukturierung. Aber auch die Nachlassgestaltung und Testamentsvollstreckung sowie die Beratung im Gesundheitswesen sind stark nachgefragt. Und, last but not least, erfreut sich etwa auch die Mediation, die lange Zeit von vielen eher stiefmütterlich betrachtet wurde, einer zunehmenden Beliebtheit.

Was ist die Hauptmotivation für die Absolvierung der Fachberaterausbildung?

Michel: Es sind tatsächlich verschiedene Gründe. Aber eine ganze Reihe von Beraterinnen und Beratern will sich primär neue Tätigkeitsfelder erschließen oder ihr bereits vorhandenes Wissen updaten, insbesondere dann, wenn es bereits einige Mandate mit dem entsprechenden Beratungsbedarf in der Kanzlei gibt. Die Überlegung dahinter ist oftmals, dass das, was ohnehin schon gemacht wird, noch einmal zielgerichteter aufgestellt und fundierter angeboten werden kann. Das ist dann häufig auch genau so der Fall, die Urkunde mit dem Titel dient anschließend dem Kanzleimarketing und der Neuakquise im jeweiligen Tätigkeitsbereich.

Was genau umfasst das Fachberaterkonzept im Rahmen der Qualifizierung?

Michel: Wer einen Fachberatertitel erwerben möchte, muss zunächst den entsprechenden Fachlehrgang absolvieren. Der zeitliche Umfang entspricht dabei dem bekannten Umfang bei den Fachanwälten und liegt bei 120 Stunden. Im Rahmen des Lehrgangs gibt es zwei Leistungsnachweise, in der Regel in Form von schriftlichen Klausuren, eine zur Halbzeit des Lehrgangs, die zweite am Ende. Nach Bestehen der Klausuren müssen die Interessenten noch praktische Erfahrung in dem jeweiligen Gebiet nachweisen – ebenfalls analog zu den Anwälten. Wichtig war uns, theoretisches Wissen mit praktischer Erfahrung zu verbinden.

Wie läuft das ab?

Michel: Der Nachweis läuft in der Regel über anonymisierte Aktenauszüge, um die konkrete Beratungsleistung zu verdeutlichen. Der gesamte Prozess der Anerkennung zum Fachberater (DStV e.V.) von der Antragstellung bis zur Ausstellung der Urkunde dauert in der Regel nur wenige Wochen. Wir wollten beim DStV den Vorgang bewusst für alle Seiten einfach gestalten und haben unter www.fachberaterdstv.de eine entsprechende Online-Plattform rund um das Thema Fachberater (DStV e.V.) eingerichtet, die das Antragsverfahren begleitet und Fragen beantwortet.

Wie geht es nach dem einmal erworbenen Titel weiter?

Michel: Wir haben in den DStV-Fachberaterrichtlinien mit dem Führen des Fachberatertitels bewusst konkretere Vorgaben zur Fortbildungspflicht verknüpft, die über die allgemeinen Regelungen des StBerG hinausgehen. So erwarten wir von den Fachberaterinnen und Fachberatern (DStV e.V.), dass sie sich jährlich im Umfang von zehn Stunden in ihrem Fachgebiet fortbilden und dies auch entsprechend nachweisen. Auch das wollten wir einfach gestalten und bieten daher für die Anbieter von Seminaren und Kongressen die Möglichkeit, auf Antrag im Vorfeld die Eignung der geplanten Veranstaltungen feststellen zu lassen, damit sie dies in ihren Ankündigungen entsprechend kennzeichnen können. Das nützt dem Veranstalter bei der Werbung und gibt den Teilnehmern zusätzliche Sicherheit, mit dem Besuch die nötigen Stunden zu erreichen.

Was ist für die Zukunft geplant?

Michel: Das Fachberaterkonzept des DStV ist kontinuierlich in Weiterentwicklung. Seit der Pandemie gibt es etwa in viel größerem Umfang Onlineveranstaltungen, die sich leichter in den Arbeitsalltag der Teilnehmer integrieren lassen. Doch auch was die bislang angebotenen Fachgebiete angeht, handelt es sich keineswegs um einen fixen Katalog: So haben wir 2014/2015 etwa erst neu den Fachberater für das Gesundheitswesen (DStV e.V.) geschaffen, ganz einfach, weil die Beobachtungen in der Praxis und Wünsche aus der Beraterschaft den entsprechenden Bedarf an einer gezielten betriebswirtschaftlichen Beratung von Arztpraxen und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) verdeutlicht haben.

Das jüngste Kind in unserer Fachberaterfamilie ist der Fachberater für Gemeinnützigkeit (DStV e.V.), den es erst seit 2023 gibt. Hier steht ein qualifiziertes Beratungsangebot für bundesweit über 600.000 gemeinnützige Organisationen im Fokus, wenn es etwa darum geht, den ideellen Tätigkeitsbereich zu sichern oder im Einklang mit dem Steuerrecht auch wirtschaftlich tätig zu sein. Auch in Zukunft rechnen wir damit, dass sich weitere Felder mit erhöhtem Beratungsbedarf ergeben können. Der DStV wird sein Konzept also auch künftig auf den Prüfstand stellen und bei Bedarf weiter anpassen.

 

Der DStV bietet den Fachberater (DStV e.V.) derzeit in den folgenden neun Fachgebieten an: Unternehmensnachfolge, Restrukturierung und Unternehmensplanung, Nachlassgestaltung und Testamentsvollstreckung, Controlling und Finanzwirtschaft, Vermögens- und Finanzplanung, Gesundheitswesen, Gemeinnützigkeit, Mediation sowie Rating. Details insbesondere auch zu den Lehrgängen finden sich unter fachberaterdstv.de.

Die BStBK bietet Fachberatertitel für internationales Steuerrecht sowie für Zölle und Verbrauchsteuern an; Informationen dazu finden sich unter https://seminare.bstbk.de

 

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