"Ein Anzug macht nicht kompetenter"

Im Interview mit Gabriele Fink, Personalreferentin bei der PMPG Steuerberatungsgesellschaft
Porträtbild der Interviewpartnerin bei PMPG und Logo

Das Klischee vom ärmelschonertragenden, erbsenzählenden, langweiligen Steuerberuf hält sich hartnäckig – allen modernen und innovativen Kanzleien zum Trotz. Wie man in der Branche bei Nachwuchskräften wirklich punkten kann, erzählt Gabriele Fink, Personalreferentin bei der PMPG Steuerberatungsgesellschaft, einer Kanzlei ...

.. mit einem Team aus über 280 Mitarbeitenden an derzeit zwölf Standorten.

Frau Fink, wie blicken junge Leute Ihrer Erfahrung nach heute auf den steuerberatenden Beruf?

Gabriele Fink: Der Beruf des Steuerfachangestellten, der Lohnbuchhalterin oder des Steuerberaters wird häufig noch als "altbacken" eingestuft. Man muss dazu sagen, dass dieses Klischee ja häufig auch bedient wird. Wir müssen das aufbrechen, etliche Kanzleien haben dies inzwischen erkannt, es gelingt ihnen aber nicht immer, dies umzusetzen. Natürlich arbeiten wir mit Zahlen und Paragraphen – aber genau deshalb sollte man das Ganze nicht so streng nehmen.

Was verstehen Sie darunter?

Fink: Weil das Thema schon ernst genug ist, haben wir den sogenannten Jeansfaktor geboren: Menschen sollen sich hier wohlfühlen – und danach richten sie dann ihre Kleidung aus. Unsere wichtigste Botschaft ist, authentisch zu sein. Die meisten tragen nun mal lieber Jeans oder Chinohosen als Anzug – übrigens auch seitens der Mandanten. Vom Tante Emma-Laden bis zur börsennotierten AG finden es die meisten besser, wenn ihr Steuerberater oder ihre Steuerberaterin nicht superstreng daher kommt. Das macht uns ja nicht kompetenter.

Trägt dann überhaupt noch jemand Anzug in Ihrer Kanzlei?

Fink: Wir wissen uns schon zu kleiden, wenn es darauf ankommt, als etwa bei Bankterminen oder vor Gericht. Und auch im Kollegenkreis gibt es manche, die es schicker mögen, und gern auch mal im Kleid oder mit Hemd kommen. Jeder nach seiner Façon, das ist einfach unsere Devise.

Was macht PMPG in diesem Bereich außerdem noch anders?

Fink: Bei uns sind alle per Du. Vereinfacht könnte man sagen, wir sind eine Kanzlei für Junge und Junggebliebene. Wenn ich Bewerbungsgespräche führe, dann kommuniziere ich das auch so, und entweder es passt für das Gegenüber oder eben nicht. Es nützt ja nichts, etwas vorzuspielen – egal, ob konservativer oder lockerer als man eigentlich ist – und hinterher fühlt sich der neue Mitarbeiter nicht wohl und verlässt uns nach kurzer Zeit wieder. Dann haben wir nur Unzufriedenheit auf beiden Seiten produziert.

Spielt Ihr liberales Grundverständnis auch in die Arbeitszeiten hinein? 

Fink: Tatsächlich gibt es bei uns nicht einmal mehr eine Kernzeit, jeder kann zwischen 6:00 und 22:00 Uhr so arbeiten, wie es für ihn oder sie am besten passt. Keiner muss mehr fragen, ob er eher gehen kann, weil er einen Arzttermin hat, seinem Hobby nachgehen will oder einfach mal etwas Zeit für sich braucht. Das lässt sich viel einfacher vereinbaren.  Für uns zählt das Ergebnis und nicht, wer abends als Letzter das Licht ausmacht. Ich kann aber auch berichten, dass viele Leute trotz aller Freiheiten noch klassisch von nine to five arbeiten – der Mensch ist eben doch ein Gewohnheitstier.

Welche Rolle spielt überhaupt das Gehalt noch?

Fink: Es muss passen, etwas anderes zu behaupten, wäre Blödsinn. Die finanzielle Seite aber ist beileibe eben nicht die einzig relevante für die Bewerberinnen und Bewerber. Wichtig sind den meisten ihre Entwicklungsmöglichkeiten, die Frage, wie sie zum Beispiel gefördert werden, wenn sie die Steuerberaterprüfung machen wollen. Außerdem sprechen wir offen über die Aufgaben, die sich jemand wünscht, die er erwartet, weil sie seiner Kompetenz entsprechen und ihn weder über- noch unterfordern. Dass das passt, ist viel wichtiger als 1.000 Euro mehr Gehalt. Damit verbunden ist absolute Transparenz: bezüglich der Frage, wo jemand steht oder welche Ziele erreicht werden sollten. Wir bieten außerdem ein individuelles Gehaltspaket an: Unsere Mitarbeitenden haben die Möglichkeit, sich ihr Gehalt so zusammen zu ‚bauen‘, wie es für sie am besten passt und hierbei aus den verschiedensten Benefits zu wählen.

Woher kommt diese Kanzleikultur? Wer hat sie etabliert?

Fink: Wir feiern dieses Jahr schon 50-jähriges Kanzleijubiläum, und ich glaube, dass es nicht einzelne waren, die dafür gesorgt haben, dass hier ein lockerer Umgang quasi Pflicht ist, sondern schon früh in der Historie viele hier der Meinung waren, dass sie lieber so arbeiten wollen. Wir ticken deshalb anders, weil wir uns mit dem Anders wohlfühlen.

Wie funktioniert das in einer Kanzlei Ihrer Größenordnung?

Fink: Trotz unserer rund 280 Mitarbeitenden sind wird durch unsere zwölf Standorte in kleinere Gruppen aufgeteilt, die zwischen fünf und 50 Personen umfassen. Damit läuft vieles vor Ort sehr familiär ab, während im Hintergrund die große Einheit dafür sorgt, dass fachlich immer ein Ansprechpartner da ist, mit dem man sich austauschen kann. Ich muss nicht fürchten, dass fünf die Arbeit von dreien, die vielleicht gleichzeitig ausfallen, auffangen müssen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, unser Begriff dafür ist 'kleine Großfamilie'.

Wie bekommen Sie diese Botschaften im Recruitment transportiert?

Fink: Wir machen sehr viel über Social Media, das ist dann unser eigener Content. Wir tun das, damit man direkt auch einen echten Einblick bekommt. Wichtig ist aber auch hier, dass man hundertprozentig authentisch bleibt. Wir gehen außerdem auf Messen und in Schulen, auch kommen schon mal Schülergruppen über Schulinitiativen direkt zu uns in die Kanzlei. Viele Bewerbungen bekommen wir zudem über Empfehlung, meistens von unseren eigenen Mitarbeitenden.

 

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